Ich ging mit meiner Tochter von der Hambacher Schlossstraße kommend, hinauf aufs Hambacher Schloss am 180. Jahrestag. Ein großes Familienfest, eine Zeitreise war angekündigt. Es empfingen uns Hochradfahrer, Frauen und Männer in historischer Tracht und ein Männerchor. Die Menschen strömten hinauf, wie vor 180 Jahren in Massen. Schade nur, dass der Geist der Hambacher kaum ums Schloss wehte. Im Gegenteil: Das historische Tanzensemble tanzte höfische Tänze, die Meistersinger sangen wunderschön, aber rebellische Lieder aus dem Vormärz waren kaum dabei. Wir hörten eine Geschichte über die Bedeutung der Männerchöre für die damalige Freiheitsbewegung. Offen blieb, in welche Tradition sich die Meistersinger selbst stellten , in die der Roten oder Schwarzen Männerchöre? Auf alle Fälle war Ihnen der Kommerz wichtig, dreimal wurde während der Aufführung auf ihre käuflich zu erwerbenden CDs gelenkt. Leider fiel die Lesung von Michail Krausnick, der eine Biographie über Johann Georg August Wirth geschrieben hat, aus. Vom rebellischen Geist der damaligen Zeit war nichts zu spüren, dabei gäbe es viel zu diskutieren über den Zustand Europas heute, die soziale Frage und über das, was uns in Deutschland zusammenhält. Warum wurde kein Workshop angeboten, in dem über die Forderungen der Hambacher nachgedacht wird und auch den Brückenschlag zur heutigen Situation hätte hergestellt werden können. Es hätten sich bestimmt Interessierte gefunden. Ich wünsche mir für die Zukunft ähnliche Volksfeste, aber mit weniger höfischem Biedermeier und mehr rebellischen Liedern aus dem Vormärz, aufrührerischen Reden und – auch aktuellen – politischen Diskussionen. Man darf dies uns Demokraten ruhig zumuten!