Aktuelles und Vermischtes

17.5.2021
Die fast vergessene Revolution – Die Pirmasenser Zeitung über den Fischbacher Aufstand

Schön, dass die Pirmasenser Zeitung in ihrer Ausgabe für die Südwestpfalz den Fischbacher Aufstand entdeckt, unschön, dass mir die Autorin des Artikels Dinge zuschreibt, die einfach nicht stimmen.  Anbei der Artikel und einen Leserbrief, den ich heute an die Redaktionsleitung der Pirmasenser Zeitung geschrieben habe. Übrigens: Der Bürgermeister aus Fischbach, Herr Schreiber, hat mir heute telefonisch bestätigt, dass er sich keineswegs von mir überfahren fühlt. Alles wäre gut…..

Lilo Hagen (Pirmasenser Zeitung), Die fast vergessene Revolution

Sehr geehrter Herr Glöckner, sehr geehrte Redaktion der Pirmasenser Zeitung,

ich freue mich wirklich, dass der „Fischbacher Aufstand“ in der Südwestpfalz mit dem ganzseitigen Artikel in der Ausgabe vom 15. Mai Würdigung findet. Verwirrt bin ich über den Kommentar der Autorin Lilo Hagen unter der Überschrift „Bärendienst“. Hierzu möchte ich kurz Stellung nehmen: Meine Empfehlung, Fischbach als Ort der Demokratiegeschichte in eine deutschlandweite Karte aufzunehmen, berührt in keinster Weise die autonome Entscheidung des Bürgermeisters sowie der Gemeindevertreter Fischbachs. Zur Behauptung von Frau Hagen, dass ich viele Informationen zur Geschichte Fischbachs verbreite, die nicht der Wahrheit entsprechen, möchte ich lediglich anmerken, dass mein Text zum Fischbacher Aufstand (er erscheint in wenigen Monaten als Publikation der Landeszentrale für Politische Bildung RLP und war Vorlage für den Eintrag in die Karte „Orte der Demokratiegeschichte“ des Vereins Weimarer Republik) eng mit dem Fischbacher Ortschronisten, Herrn Wolfgang Schultz, abgestimmt wurde. Dass Frau Hagen mir Aussagen zuschreibt, die ich nicht kenne und deshalb von mir weder geschrieben noch gesagt wurden (die Geschichte mit Lampertsloch), stößt bei mir auf Verwunderung. Schön ist, dass Fischbach nun dabei ist, sich als wichtiger Teil der Demokratiegeschichte Deutschlands wahrzunehmen. Die Fischbacher haben die Demokratie mit angestoßen, weiter so!

Ich bitte die Zeilen als Leserbrief zu veröffentlichen und mir eine Kopie davon zuzuschicken (thomashandrich1@aol.com)

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Handrich


11.5.2021
Keine rechtsextremen Veranstaltungen mehr im Hambacher Schloß!

Am 18.9.2019, hatten wir hier unter dem Titel „Die Afd und das Hambacher Fest“ darüber berichtet, wie die AFD und ihr nahestehende seit einigen Jahren versuchen das Hambacher Fest und seine Traditionslinien für sich zu vereinnahmen.
Gestern hat die Stiftung Hambacher Schloß auf einer Pressekonferenz (Pressemitteilung) eine Änderung der Satzung und der Besucherordnung vorgestellt. Der Vorstand der Stiftung hatte bereits im April dazu eine Stellungnahme abgegeben.
Hier ein Bericht von SWR Aktuell unter dem Titel: Keine Veranstaltungen von Rechten mehr auf dem Hambacher Schloss.

Politische Radreisen freut sich, dass die Entscheidungsgremien der Stiftung Hambacher Schloß endlich eine erste Sperre gegen rechte Umtriebe auf dem Hambacher Schloß errichtet haben. Ob diese auch juristisch Schutz vor Veranstaltungen, wie zum Beispiel dem „Neuen Hambacher Fest“ bietet, wird die Zukunft zeigen. Die vorgenommenen Änderungen sind auch ein Erfolg zivilgesellschaftlicher Initiativen, wie der hambacherfest1832.blog, die nicht müde wurden, die Stiftung Hambacher Schloß zur Positionierung zu bewegen. Manchmal, wie in diesem Fall, ist eine Politik des „laafe losse“ (laufen lassen) eben falsch.
Übrigens finden im Juni und Juli mehr als 20 Veranstaltungen unter dem Titel Demokratietage #2021HAMBACH1832 in der gesamten Rhein-Neckar-Region statt.

Thomas Handrich


11.5.2021
Neues aus der Pfalz – Erinnerungsorte der Demokratiebewegung

Liebe Freunde und Freundinnen,
viele von Euch waren in den letzten 10 Jahren mit mir unterwegs auf den Spuren der rebellischen Pfalz. Manche radelten mit mir durch Fischbach, ein Dorf an der deutsch-französischen Grenze mit großer Geschichte, die vor Ort nicht so recht als Schatz wahrgenommen wurde. Das ist nun anders geworden, wie die lokale Zeitung „Südpfalz aktuell“ berichtet: https://suedpfalz-aktuell.de/aktuell/fischbach-dahn-aufgenommen-in-die-karte-demokratiegeschichtlicher-gedenkorte-gedenktafel-wird-errichtet/.
Ich freu mich drüber und insbesondere für Helmut Seebach, der schon resigniert hatte…(und lieber Helmut G. H.: Bergzabern ist auch gewürdigt, aber vor Ort tun sie sich immer noch schwer mit ihrer Republik…: https://www.demokratie-geschichte.de/karte/4019)

Möglich wurde der „Durchbruch“ im Rahmen einer Recherche zu Demokratieorten, die ich im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung RLP zur Zeit durchführe. So kam ich, mit der Visitenkarte des Landes winkend, vor Ort mit Bürgermeister*innen, lokalen Historiker*innen und Kulturschaffenden ins Gespräch, so auch in Fischbach.
Jahrelang ging nichts, doch jetzt gibt es ein Fenster der Möglichkeiten für die Aufwertung der demokratischen Wurzeln, auch eine Bundesstiftung ist im Entstehen. Die von mir lancierten Eintragungen auf der Karte, (https://www.demokratie-geschichte.de/) sind nur ein Linkprojekt, aber noch in diesem Jahr wird mein Buch zu Demokratieorten in der Pfalz und Rheinhessen fertiggestellt sein. Mein langfristiges Ziel ist die Erweiterung unserer Erinnerungskultur um positive, rebellische, demokratische Wurzeln im Südwesten unserer Republik.

In angenehmer Erinnerung an unsere rebellischen Touren
grüßt Euch
Thomas Handrich


4.10.2019
Grußworte zur Pfalztour von Helmut Haasis
Der Historiker, Schriftsteller und Verleger Hellmut G. Haasis hat uns eine Grußbotschaft zur Pfalz-Nordelsassreise geschickt. Helmut ist der Wiederentdecker der Pfälzer Demokratiebewegung 1789-1849.
Er publizierte u.a. Pfälzer Jakobinerschriften sowie den einzigen Revolutionsroman „Die Freischärlerin“ von Karcher über die Pfälzer Revolution im Mai/Juni 1849.

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lieber thomas,

jedes jahr und immer um dieselbe zeit werde ich GERÜHRT.
was es nicht alles gab damals. noch immer fahren
jüngere auf den spuren interessantester freiheitsgeschichte
mit ihren fahrrädern schwer schnaufend die berge hinauf
und hoffentlich frohlockend drüben wieder runter,
gleich zu einem pfälzer schoppen.

es freut mich, dass mein laudator axel kuhn
noch immer dabei ist.

was hat er einst an mir gelobt?
mein lebenswerk, im hochwohllöblichen
schloss von ludwigsburg, als ich den ludwig uhland-preis erhielt.

BLEIBET BEI EIRER FAHRT ÄLLE XOND
FALLAT NED VOM FAHRRAD RONTER

und fragt axel kuhn, ob er diesen schwäbischen segenswunsch übersetzen kann!

Hier übrigens ein Interview, das ich im April 2012 mit ihm geführt habe:
Auf den Spuren der Besiegten – Ein Interview mit Hellmut G. Haasis


23.9.2019
Axel Kuhn, Deutschland und die Französische Revolution
Axel Kuhn, der auf unserer Pfalzreise 2019 einen Vortrag zur Rolle der französischen Revolution für die deutsche Demokratie halten sollte, hat uns folgende Nachricht geschickt:

„Lieber Thomas,
ein Unfall im Urlaub macht es mir leider unmöglich, meinen Vortrag auf deiner Jubiläumsreise in die Pfalz und ins Nordelsass zu halten. Als kleiner Ersatz möge der beiliegende Text dienen, den ich aus einer früheren Vorlesung an der Universität Stuttgart zusammengestellt habe. Gerne hätte ich das Thema mehr auf die grenznahen Regionen in Deutschland konzentriert – aber das geht nun nicht. Ich hoffe, dass meine „Botschaft“ trotzdem ankommt: Die Anfänge der deutschen Demokratie liegen in der Revolution. Demokratie musste und muss auch heute immer wieder erkämpft und verteidigt werden. In Zeiten, da die deutschen Freiheitsbewegungen in der Geschichte an den Universitäten kaum mehr thematisiert werden, sind deine politischen Radreisen „in die Revolution“ wichtiger denn je. Ich wünsche der Jubiläumstour einen guten Verlauf ohne Unfälle und den Teilnehmenden einen reichen Gewinn an neuen Einsichten in die Geschichte der deutschen Demokratie.
Axel Kuhn, bis 2008 apl. Prof. für neuere Geschichte an der Universität Stuttgart, seitdem im Ruhestand.“

Hier gehts zum Text


18.9.2019
Die Afd und das Hambacher Fest
Seit einigen Jahren versuchen die AFD und ihr nahestehende Kreise um die Werteunion das Hambacher Fest und seine Traditionslinien für sich zu vereinnahmen.
Dagegen hat der Freundeskreis Hambacher Fest den sehr lesenswerten Blog hambacherfest1832.blog erstellt, der sich zum Ziel gesetzt hat sich gegen die Vereinnahmung des Hambacher Festes durch rechtsnationalistische Kräfte zu wehren.
Übrigens ist der Hauptinitiator, Ulrich Riehm im Jahre 2016 mit Politische Radreisen durch die Pfalz geradelt.

Hierzu hat die Wochenzeitung der Freitag in der Ausgabe 24/2019 eine interessante Reportage von Nik Afanasjew, unter dem Titel: Die sanfte Rechte, veröffentlicht, den ich Euch sehr empfehlen möchte.
Hier ein kurzer Auszug:
„Das neue „Hambacher Fest“ ist nicht der erste Versuch, Extremisten salonfähig zu machen. Der Hass versteckt sich hier gut zwischen lauter netten Rednern.“
„Im zweiten Jahr hintereinander steigt an diesem Tag das „Neue Hambacher Fest“. Neben der „Patriotenwanderung“ zum Schloss besteht es aus dem „Kongress für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“, der tags darauf stattfindet. Initiator der Veranstaltung ist Max Otte. Fondsmanager, CDU-Mitglied und AfD-Sympathisant, der auch die AfD-nahe Erasmus-Stiftung leitet. „Wenn das, was wir hier machen, Rechtspopulismus ist, dann ist es das eben!“, ruft Otte seinen Mitstreitern dieser Tage einmal zu. Stürmischer Applaus.“


15.09.2019
Bodo Zeuner, Erinnerung an die erste Pfalzreise im September 2011
Als Grußwort zu unserer Jubiläumsreise in die Pfalz 2019, an der er leider nicht teilnehmen konnte, hat uns der Politikwissenschaftler Dr. Bodo Zeuner aus Berlin diese Erinnerung an seine erste Pfalzreise geschickt.

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9 Jahre Politische Radreisen durch die Pfalz unter Leitung von Thomas Handrich – zwei Mal durfte ich dabei sein – mit 77 Jahren reicht meine Mobilität leider nicht mehr aus. Schade, das macht wehmütig. Aber wenn ich mich genauer zu erinnern versuche, dann überwiegt die Freude und die Dankbarkeit für schöne Genuss- und Bildungserlebnisse. Die Pfalz und die Pfälzer und Pfälzerinnen waren ja an allen klassischen (und gescheiterten) Revolutionen in Deutschland beteiligt. Meist, aber nicht immer, schwappten sie aus Frankreich herüber. Heute ist diese Tradition öffentlich unterbelichtet – die Gruppe der Historiker/innen, die sich um Erinnerung bemühen, ist immer noch klein und trägt Züge eines kleinen gallischen Dorfs. Touris werden heute mit Weinbergen, Weinverkostungen und Weingärten geworben, nicht mit Rebellionen und Revolutionen retro-genervt. Dabei ist das Leben, vor allem in der Pfalz, doch ganz anders: Wein und Rebellion gehören irgendwie zusammen, wie wir mit Thomas bei den Besuchen entlang der Deutschen Weinstraße immer wieder spüren konnten. Nicht nur, dass Weingenuss zuweilen aufmüpfiger macht. Das kam vor, aber im Bauernkrieg wurden einige Rebellengruppen auch durch zu heftigen Konsum in den Weinkellern der Fürstenburgen außer Gefecht gesetzt.
Ich denke, es ist auch der Stolz auf ein – so nur in der Heimat entstehendes – viel Freude spendendes Spitzenprodukt, samt der qualifizierten Arbeit, die darin steckt, die Selbstbewusstsein und Widersetzlichkeit gegenüber angemaßter und ungerechter Herrschaft fördern kann.
Aber der genaue Zusammenhang zwischen Wein und Rebellion ist sicherlich ein lohnendes Untersuchungsthema für alle, die künftig mit Thomas durch seine wundervolle pfälzische Heimat radeln.

Herzliche Grüße
Dr. Bodo Zeuner, Prof. a.D. für Politikwissenschaft, Berlin


15.11.2021
Zur Situation im polnisch-belarussischen Grenzgebiet
In den letzten 5 Wochen habe mich, nachdem ich ein paar Tage vor Ort war, fast ausschließlich mit dem sich immer mehr zuspitzenden menschlichen Drama an der polnisch-belarussischen Grenze befasst.
Ich habe dann einen Augenzeugenbericht verfasst und Entscheidungsträger in Deutschland und in Europa angeschriebe7n. Mein Bericht erreichte den Vatikan auf Kardinalsebene, die Ausschüsse der Koalitionsverhandlungen, Europaparlamentarier, einflussreiche zivilgesellschaftliche Organisationen wie Germanwatch, Amnesty, pro Asyl etc. und natürlich die Solidaritätsgruppen wie die Seebrücke , Leave no one behind etc . . .

Hier mein Augenzeugenbericht vom 3.11.21 (auch in englisch und polnisch).

Am 8.11. führte die Online-Zeitschrift Karenina ein Interview mit mir und berichtete unter dem Titel: Flüchtlinge: Schaut auf diese Menschen.

Markus Kluge interviewte mich in der Märkischen Oderzeitung am 15.11.21 unter dem Titel Wenn ich Geflüchteter wäre, hätte ich große Angst.

Thomas Handrich


Studienreise Ostslowakei
Gerade zurück gekommen bin ich von einer Studienreise in die Ostslowakei (25.-30.5.19) Erstmals hatte mich eine Gruppe von ehemals Sozialarbeit Studierender „gebucht“. Ursprünglich wollten sie nach Bratislava, ich brachte Ihnen näher, Kosice und das Romathema auszuwählen. Zwei Tage weilten wir in dem ersten ökologischen Hotel der Slowakei in Kosice und lernten die bunte Geschichte der Stadt kennen. Über die aktuellen Entwicklungen im Land führte uns der Buchautor (Slowakei – Der mühsame Weg nach Westen) und Verleger (mediashop.at) Hannes Hofbauer ein. Er war gemeinsam mit der Wirtschaftshistorikerin Andrea Komlossy aus Wien anreist. Die Situation der Sozialarbeit lernten wir im Rahmen eines Besuches in der Fakultät für Sozialarbeit der Universität Kosice kennen.
Anschließend ging es in ein ehemaliges Sanatorium in Herlany, 30 km östlich von Kosice gelegen. Hier befanden wir uns in unmittelbarer Nähe zu Siedlungen, wo viele Slowak*innen mit Romno-Hintergrund leben. Es war für mich sehr bereichernd, gemeinsam mit meinem Leitungskollegen Julius Pecha, in der Gemeinwesenarbeit erfahrene Kolleg*innen die entstandenen Projekte aus unserem YEPP-Projekt (Näheres hierzu unter: yeppeurope.org) anzuschauen und zu diskutieren. Julius gab uns mit mehreren Inputs einen einmaligen Einblick in die Situation, Geschichte und Kultur der Roma in der Ostslowakei. Ein Höhepunkt war der Besuch bei einer Romni-Bürgermeisterin. Sie führte uns ein, wie schwierig es ist, Bürger mit Romno-Hintergund in ein Dorf zu inkludieren, in dem eine Minderheit von Nicht-Roma alles versucht, sie zu diskriminieren. Es geht dabei – wie so oft in der Geschichte der Roma – um die Verweigerung Land erwerben zu können.
Ich würde mich freuen, wenn sich zukünftig wieder eine Gruppe meldet, die an den Themen Inklusion, Gemeinwesenarbeit interessiert ist; und sich nicht scheut, sich dem Thema der am meist diskriminierten Gruppe in Europa, den Roma, zu befassen. Ausschreiben werde ich die Reise nicht individuell, da sie kaum nachgefragt wird.
Thomas Handrich, Juni 2019

Radreisen in die Heimat der slowakischen Roma
Liebe Interessierte an meinen Slowakeireisen nach Kosice und in die Heimat der slowakischen Roma,
wer mich bzw. Politische Radreisen seit Längerem verfolgt, weiß, wie wichtig mir die Unterstützung ausgegrenzter Gruppen in unseren Gesellschaften ist. So macht politische Radreisen zum Beispiel seit Jahren Station im sogenannten sozialen Brennpunkt Flurstrasse in Ludwigshafen- Mundenheim.
Seit 10 Jahren engagiere ich mich als Unterstützer für Community-Empowerment in ostslowakischen Dörfern. Zuletzt habe ich ein in drei Sprachen übersetztes Büchlein unter dem Titel: „So wird Inklusion gemacht“ veröffentlicht. Hier beschreibe ich, welche großen Fortschritte die Menschen vor Ort erreichen können, wenn Sie – gut koordiniert – selbständig nach ihren eigenen Bedürfnissen Projekte zur Verbesserung ihres Lebens angehen. Eine vorzeigbare positive Erfahrung – nur – es stößt bei uns auf zu wenig Interesse.
Nach geringer Nachfrage in den letzten Jahren plane ich derzeit keine frei ausgeschriebenen Bildungsreisen in die Ostslowakei.
Allerdings bin ich gerne bereit, wenn sich einen Gruppe findet, diese in die Slowakei (nach Kosice und in die Heimat der Roma) zu begleiten. Die Eindrücke sind bestimmt ähnlich intensiv wie in den vergangenen Jahren.


10.2.2021
Offener Brief an Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung

Mein langjähriger Arbeitgeber, die Heinrich Böll Stiftung, ist in die Schlagzeilen geraten mit einem außenpolitischen Papier, in dem u.a. eine der beiden Vorstandmitglieder, Ellen Überschär, eine nukleare Teilhabe Deutschlands und eine massive Aufrüstung der Bundeswehr fordert. Ich nehme seit vielen Jahren wahr, zuerst von innen, dann von außen, dass die Heinrich-Böll-Stftung ihre friedenspolitischen Vorstellungen ändert. Das Primat, friedlich Konflikte lösen zu wollen scheint dabei verloren zu gehen. Das drückt sich auch in einer geänderten Expert*innenwahl aus, in der explizit Expert*innen aus der Friedensbewegung keinen Platz mehr finden; dafür jedoch ausschliesslich zumeist jüngere Forscher*innen aus etablierten Think Tanks. Für mich ist die Unterschrift von Ellen Überschär unter dem Aufruf „Transatlantisch? Traut Euch!“ kein Zufallsprodukt oder eine Einzelmeinung.
Silke Helfrich und Burkhardt Kolbmüller haben ihre Kritik an dem Aufruf in einem Offenen Brief an Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung formuliert.
Ich unterstütze ihre Kritik!

Nicht vergessen werden sollte, dass die als humanitär gekennzeichneten kriegerischen Interventionen ohne UN-Mandat auch mit Beteiligung Deutschlands nirgendwo eine Erfolgsgeschichte, im Sinne einer Durchsetzung der Menschenrechte, schreiben. Ich habe zur Geschichte des Kosovo-Konfliktes dazu kürzlich einen Artikel „Verdrängte Wirklichkeit im Kosovo“ im Friedensforum veröffentlicht.
Egon Bahr, der Architekt der Ostpolitik in der Ära Willi Brandt sagte Ende 2013, kurz vor seinem Tod,  zu Schüler*innen in Heidelberg:
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
(rnz.de 4. Dezember 2013; Chronik Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte für das Jahr 2013 pdf S. 33
Ist in der Böll Stiftung die nüchterne Analyse und Hinterfragung von Interessenpolitik einer einseitigen Parteinahme gewichen?

Thomas Handrich


04.07.2019
Nachruf auf Eberhard Schmalzried
geboren 12.6.1935 – gestorben am 13.6.2019

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Vor wenigen Tagen bist Du von uns gegangen. Ich trauere um einen Freund und treuen Politischen Radler.

Zum ersten Mal haben wir uns im Sommer 2012 im Osten der Slowakei kennen gelernt. Wir besuchten die Heimat der slowakischen Roma. Dich trieb um, wie mich, dass mitten in Europa eine Volksgruppe massiv diskriminiert wird und viele von ihnen in slumartigen Behausungen leben müssen. Ich sehe heute noch Dein fragendes, neugieriges Gesicht. Du wolltest der Sache auf den Grund gehen. Ich erinnere mich, wie Du mehrfach damals bei unseren Diskussionen die Frage aufgeworfen hast: „Da muss noch mehr nicht stimmen, da ist noch mehr faul, ich verstehe das noch nicht“. Verfasst hast Du damals einen bebilderten Reisebericht und hast im Freundes- und Bekanntenkreis über die Dich bewegende Reise auch im Rahmen von Vorträgen berichtet. Übrigens, Dein Reisebericht wurde eifrig gelesen, als ich im Mai dieses Jahres wieder mit einer Gruppe vor Ort war. Insbesondere Deine Zeilen zur (erzwungenen) Sterilisierung von Frauen mit Romno-Hintergrund wurden diskutiert. Damals trafen wir eine Selbsthilfe-Organisation, in der sterilisierte Frauen sich gegenseitig stützten und für ihre Anerkennung eintraten.

Im Sommer 2017 wolltest Du – mit Deiner Lore – erneut dabei sein bei der Reise in die Heimat der Roma, kurzfristig musstest Du absagen, Dein Arzt hatte Dir aufgrund aufkommender gesundheitlicher Beschwerden von der Reise abgeraten.

Als ich Dich kennen lernte, bist Du, bereits weit über 70 Jahre alt, immer noch locker über 100 km am Tage geradelt. Ich bin noch immer beeindruckt! Werde ich mich in 20 Jahren auch noch auf den Sattel schwingen können?

Unvergessen bleibt mir eine Szene in den Pfälzer Weinbergen, auch hierher hattest Du mich begleitet: Obwohl ich darum gebeten hatte, dass alle Radler*innen der Gruppe bei einem Halt an einem Aussichtspunkt oberhalb von Frankweiler, dem Autoverkehr ausweichend, sich in einer Parkbucht einfinden sollten, bliebst Du mit Deinem Rad auf der Straße stehen, eine Fahrbahn blockierend. Als ich Dir zu rief: Eberhard, runter von der Straße, entgegnetest Du mir: Du Säckl, ich sichere Euch doch ab, auf mich kommt es sowieso nicht mehr an.

Ich war verblüfft und wiederum beeindruckt.

Die Reisen in die Pfalz auf den Spuren der Aufstandsbewegung in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts hast Du gemocht. Gewundert hast Du Dich dabei im Jahre 2014, als Du das erste Mal dabei warst, über den Umgang einiger Pfälzer mit ihrer Demokratiegeschichte. Du hast damals festgehalten: „An der Radtour hat mich am meisten beeindruckt, dass manche Leute in der Pfalz sich nach zweihundert Jahren noch über ihre Revoluzzer-Ahnen zu schämen scheinen“.

Das Lied der Frankfurter Student*innen zum Frankfurter Wachensturm am 3.4.1833 war Dir Dein Liebstes. Gemeinsam mit Axel hast Du – fast vollständig Text sicher – „Zur freien Republik…“ geschmettert:

1. In dem Kerker saßen
Zu Frankfurt an dem Main
Schon seit vielen Jahren
Sechs Studenten drein,
Die für die Freiheit fochten
Und für das Bürgerglück
Und für die Menschenrechte
Der freien Republik.

2. Und der Kerkermeister
Sprach es täglich aus:
Sie, Herr Bürgermeister,
Es reißt mir keiner aus.
Aber doch sind sie verschwunden
Abends aus dem Turm,
Um die zwölfte Stunde,
Bei dem großen Sturm.

3. Und am andern Morgen
Hört man den Alarm.
O, es war entsetzlich
Der Soldatenschwarm!
Sie suchten auf und nieder,
Sie suchten hin und her,
Sie suchten sechs Studenten
Und fanden sie nicht mehr.

4. Doch sie kamen wieder
Mit Schwertern in der Hand.
Auf, ihr deutschen Brüder,
Jetzt geht’s fürs Vaterland.
Jetzt geht’s für Menschenrechte
Und für das Bürgerglück.
Wir sind doch keine Knechte
Der freien Republik.

5. Wenn euch die Leute fragen:
Wo ist Absalom?
So dürfet ihr wohl sagen:
O, der hänget schon.
Er hängt an keinem Baume
Und an keinem Strick,
Sondern an dem Glauben
Der freien Republik.

Lieber Eberhard, wir werden das Lied zur Jubiläumstour im September wieder singen! Du singst im Geiste mit, dessen bin ich mir sicher. Lebe wohl! Du bleibst unvergessen!

Dein Thomas