Kommentare zur Reise in den polnischen Urwald 2020

Liebe Radler*innen,

die erste Reise in den Białowieża-Urwald hat stattgefunden und ich möchte Euch kurz aus meiner Sicht berichten, wie ich die Reise empfand. Ich warte auf schriftliche Rückmeldungen der Teilnehmenden, aber das dauert erfahrungsgemäß einige Tage.
Mir hat gefallen, dass das Programm sehr abwechslungsreich war und auch mir neue Einblicke gewährte. Wir waren 2 Mal auf Erkundungen im Urwald, jeweils mit Führerin und in Kleingruppen (bis 5 Personen). Mir wurde noch bewusster, wie sich das Ökosystem Wald ohne Mensch auf perfekte Weise immer wieder erneuert, es braucht keine Waldpflege und schon wächst eine Humusschicht heran, die Wasser speichern kann und neues Leben ermöglicht. Gelernt habe ich von meiner Kollegin Olga, welch faszinierendes Biotop ein Moor darstellt; wir haben insgesamt 3 Moore besichtigt und uns ihre Besonderheiten erläutern lassen. Die große Geschichte aus dem Blickwinkel des Dorfes wahrzunehmen und – unerwartet – die jüdische Geschichte von der Wissenschaftlerin, die sie erstmalig erforscht hat, präsentiert zu bekommen, dass war Politische Radreisen vom Feinsten. Wir gingen von Haus zu Haus, lauschten ihren Erzählungen und endeten an dem Mahnmal, das von ihr im letzten Jahr (!) initiiert wurde. Gelernt habe ich auch, wie gegensätzlich die Entwicklung vor Ort ist. Junge, einheimische Menschen verlassen zum Studium oder mit Arbeitsbeginn die Region, zugleich beginnen kosmopolitisch geprägte und umweltbewusste Großstädterinnen sich anzusiedeln. 3 Mal waren wir an verschiedenen Stellen am Grenzzaun. Olga berichtete von der Situation in Belarus, die sich jetzt unmittelbar vor den Wahlen am 9.8. zuspitzt. Wir bekamen von ihr Einblicke in den lebensbedrohlichen Alltag einer Aktivistin in Belarus. Ich bewundere ihren Mut, ihre strategische Weitsicht und ihr Beharrungsvermögen, sich für eine ökologische und demokratische Zukunft in ihrem Land einzusetzen.

Liebe Grüße
Euer Thomas


Und hier die Kommentare unserer Teilnehmer*innen

Die Reise hallt in mir nach, wenn ich im Wald spazieren gehe, wenn ich das Baumfällen hier im Taunus beobachte und die toten Fichten überall. Jetzt erkenne ich Eichen an der Rinde, weil uns die als Naturdenkmal markierten Bäume ins Auge gefallen sind. Jetzt achte ich neu auf die „Stolpersteine“ in Mainz, die auf die jüdischen Bewohner und ihr Schicksal hinweisen. Am Morgen, vor Sonnenaufgang auf meinem Balkon wird die Morgenstimmung in Polen in mir lebendig. Die Stille über den Feldern, die Frühnebel und die ersten Vogelstimmen im Wald, das Gras ganz nass, und unsere kleine Gruppe Wisentforscher sehr achtsam und hellwach unterwegs.
Lieber Thomas, Olga und Du, ihr habt so verschiedene Menschen mit unserer Reisegruppe zusammengebracht! Das wäre in einem privaten Urlaub in Bialowieza nicht möglich. Olgas Einsatz und ihre Kompetenz in Umweltpolitik hat mich sehr berührt. Sie nimmt Nachteile oder Gefahr für die Familie in Weissrussland in Kauf, um für die eigene Überzeugung einzustehen und dafür zu arbeiten. Das Engagement der Umweltschützer in der Wohngemeinschaft, die Gedenkstätte der Opfer der Judenverfolgung im 3. Reich, für die Katarina sich eingesetzt hat – sie alle sind aktiv und setzen sich für Ziele ein, die der Gemeinschaft dienen.
Der direkte Austausch mit ihnen war sehr interessant. Sie haben Informationen aufbereitet und sich viel Zeit für uns genommen – und einmal sogar für uns alle selbst gekocht!
Ich war beindruckt, was einzelne Menschen mit Überzeugung, Begeisterung für eine Sache und gemeinsam anderen Menschen (Unterstützern, Mitkämpfern, Forschern, Freunden, Einheimischen, EU Politikern) erreicht haben.
Dies ist ein ganz anderer Bildungsurlaub – die Vermittlung der Inhalte und das Radeln durch Wald wechseln sich ab. Ich habe es sehr genossen, das Grün in seiner ganzen Wildheit und Vielfalt an mir vorbeiziehen zu sehen. Andere TeilnehmerInnen haben sich angeregt miteinander unterhalten… es war Raum für verschiedene Bedürfnisse.
Herzlichen  Dank nochmal an Dich für die engagierte Reiseleitung und für den coronabedingten Umbau der Planung.
Renée

Jetzt, nachdem die Reise schon fast 3 Wochen zurückliegt, denke ich, dass diese Art zu reisen mir fast die liebste ist: die Begegnung mit Menschen, die uns ihren Blick auf dieses spannende Land, seine Geschichte, Kultur und Natur – und seinen Umgang damit, eröffnen.
Mich persönlich hat besonders die Begegnung mit Olga beeindruckt und gefreut. Sie war aus Estland angereist, um uns gemeinsam mit Thomas durch die Tage und die Landschaft zu begleiten. Mit ihrem speziellen Blick auf die Moore hat sie uns die Landschaft nahe gebracht, aber darüber hinaus konnte sie so viel und so lebendig und voller Gefühl von ihrer Heimat, Weißrussland, erzählen. Wir standen mehrmals mit ihr gemeinsam an der Schengen Außengrenze von Europa und ich war fassungslos darüber, dass diese Grenze die mitten im Wald verläuft, an die Todesstreifen der ehemaligen Grenze durch Deutschland erinnert.
Auch Joao, der Urwaldführer, Cecilia, die Spezialistin für Moose und Flechten, Kuba, der gebildete Aktivist des Camps und die anderen jungen Menschen, die sich für den guten Umgang mit den Naturschätzen des Landes einsetzen, haben mich sehr angesprochen und mir einen intensiven Zugang zum Wald, zur Natur nahegebracht – aber auch die Erkenntnis, wie notwendig die Vernetzung und die Verbindung zu den Menschen auf dem Lande, die ihre Existenz gesichert haben wollen, ist.
Dann die nächtlichen Ausflüge, bis wir endlich im Morgennebel ein Bison zu Gesicht bekamen, wie ein Geschöpf aus einer anderen Zeit…
Dafür war unsere Unterkunft ideal, denn wir konnten direkt hinterm Haus loslaufen; an einem Nachmittag konnten wir sogar vom Balkon aus die jungen Hirsche beobachten.
Für mich war auch die Begegnung mit Kasia sehr wesentlich – dabei war es eher ein glücklicher Zufall, dass Thomas sie „gefunden“ hat für uns: sie gab uns einen Einblick in ihre Recherche der jüdischen Geschichte des Ortes, die sehr bewegend war, weil sie wirklich der Frage nachgegangen ist, welche Menschen in den Häusern gelebt haben und welches Schicksal ihnen widerfahren ist. Manche KZ-Überlebende konnte sie persönlich kennenlernen, indem sie sie besuchte in USA und Israel – und dass sie dies auf eine sehr respektvolle Art getan haben muß, zeigt sich darin, dass die Menschen ihr – teils zum ersten Mal in ihrem Leben – von ihren Erlebnissen mit dem Naziterror erzählt haben.
All dieses aufzunehmen und zu verarbeiten, stellte an uns als einzelne und als Gruppe eine Anforderung, mit der wir gut umgegangen sind – wie ich finde. Die Gruppe hat mir sehr gut gefallen – und das ist ja auch nicht zuletzt Thomas zu verdanken.
Ich möchte vielleicht ab und zu wieder mal gerne ans Meer fahren und einfach am Rande des Wassers entlang laufen – aber diese Art zu reisen ist mir mit Abstand die liebste.
Doris

Noch schwelge ich in wunderbaren Erinnerungen an unsere schöne Radreise in Białowieża Mitte Juni 2020. Es ist eine wunderschöne Landschaft, dort am östlichen Rand von Polen. Beeindruckt haben mich die Wälder mit ihren für uns unbekannten hohen Bäumen und dichtem Baumbestand. Noch faszinierender fand ich die blühreichen Wiesen mit ihrer großen Vielfalt an Insekten, besonders Schmetterlingen, die vielen Störche überall. Das harmonische Landschaftsbild profitiert auch von der lokalen Baustruktur mit ihren Holzhäusern und der ausgeprägt blumenreichen Gartenkultur seiner BewohnerInnen.
Ein großes Plus von Thomas Handrichs Radreisen ist seine gute Vernetzung zu lokalen Engagierten und Aktiven. Dies ermöglichte uns eine grandiose Führung zur Geschichte, insbesondere der jüdischen, von Białowieża, eine weitere beeindruckende Führung in der Kernzone des Nationalparks und eine noch beeindruckendere Begegnung mit einer Initiative zum Schutz des Nationalparks, die sich aufgrund der Abholzungen durch die polnische Regierung vor ca. zwei Jahren gegründet hat. Durch die Reisebegleiterin Olga haben wir einen persönlichen und vertieften Einblick in die politische und umweltpolitische Situation Weißrusslands bekommen.
Ich habe viel gelernt auf dieser Reise und fühlte mich in unserer sehr angenehme Reisegruppe sehr wohl.
Judith 

Auch nach mehreren Reisen mit Thomas Handrich schafft er es immer wieder zu den unterschiedlichen interessanten Themen Leute einzuladen, die ihre Projekte voller Begeisterung und Engagement den Reiseteilnehmern vorstellen.
In diesem Fall – Ost-Polen, der letzte Urwald in Europa – war es Olga aus Belarus, die für die Natur (bvesonders die Moore) und Belarus brennt. Jacob mit seinem Engagement für den Erhalt des Waldes, bzw. Urwaldes und Katja, die uns die Geschichte der Juden in Bialiewieza und Umgebung nahe brachte, waren ebenso vielfältig informiert.
Die Diskussionen innerhalb der Gruppe waren entsprechend anregend.
Reinhard + Marlies

Vielen Dank an Thomas und Olga für das Organisieren dieser unglaublich tollen Reise. Es gab viele schöne und beeindruckende Begegnungen, sowohl innerhalb der Gruppe als auch durch die Menschen, denen man vor Ort begegnet ist. Thomas und Olga sind sehr gut vernetzt und wir hatten die Möglichkeit mit Menschen ins Gespräch zu kommen, denen man sonst nicht begegnet wäre. Diese jungen Leute sind motiviert und überzeugt von dem was sie machen, so dass dieser Spirit spürbar war in den Gesprächen. Durch den Urwald, die Wisenten, die Umgebung insgesamt hat diese Bildungsreise sehr naturnahes gehabt.
Agitha und Johanna