Kommentare zur Pfalz- & Badenreise 2016

Am Ort des Geschehens wird Geschichte nicht nur verstanden, sondern geht unter die Haut und bleibt hängen – zumindest bei mir.
So z.B. die Geschichte der Soldaten in Rastatt 1849, die aufmarschiert waren, um auf die aufständigen, aber dennoch friedlichen, Bürger zu schießen, jedoch den Befehl verweigerten. Die Säbel wurden nicht gezogen, es wurde nicht geschossen, im Gegenteil – sie verbündeten sich mit ihnen und gemeinsam forderten sie Freiheit und Menschenrechte.
Dass die badische Revolution letztendlich an der Übermacht der Invasion der Preußen scheiterte, schmälert nicht ihren Erfolg, zum ersten Mal in Baden demokratisch ein Parlament gewählt zu haben. Die differenzierte Interpretation von Axel Kuhn über die niedergeschlagenen Revolutionen, die nie ganz scheitern, sondern immer eine kleine positive Basis für den Neustart bieten, war eine neue, mir bis dahin nicht geläufige Sichtweise.
Die bittere Niederlage in Baden konnten wir bei der Führung durch die Kasematten nachfühlen, in denen viele unter unmenschlichen Qualen umgekommen sind oder standrechtlich erschossen wurden.
Manche Todeszellen sind heute noch erhalten.
– Arbeitskreis Landeskunde/Landesgeschichte RP Freiburg – schreibt  „…..authentischer Ort und Erinnerungsort zugleich ist Rastatt als Lernort deutscher Demokratiegeschichte ..“
und dann unser Entsetzen: die Stadt Rastatt stellt diese Kasematten für Halloween-Partys zur Verfügung. Ignoranz, Pietätlosigkeit und Geschmacklosigkeit ist scheinbar grenzenlos, aber wohl vereinbar mit einer marktangepassten Demokratie, zu der sie sich inzwischen immer mehr entwickelt.
Damit gleich zu Beginn der Reise angekommen im „Heute“ ging die Politische Radreise weiter in die Pfalz, deren Freiheitsgeschichte wir uns erstrampelt haben. Der Nachbar Elsaß und dessen Wechselgeschichte der deutsch-französischen Feind- und Freundschaft kam nicht zu kurz.
Diese Reise war insgesamt mit differenzierten Informationen angefüllt, die Referenten, die Führungen hervorragend, die Radwege wunderbar gewählt und die Lebenskunst der Pfalz haben wir aktiv genossen. Rahmkuchen kannte ich bis dato nicht, ebenso wenig die „echt pfälzische Lutschbutter“.
Als Rheinlandpfälzerin, jedoch zugezogen in die Pfalz, sehe ich die Pfalz wieder mit neuen Augen – und sie gefällt mir jetzt noch mehr.
Irene

Rad fahren und dabei über vergangene revolutionäre Strömungen in Baden und der Pfalz mehr zu erfahren, versprach das Programm.
Wenige Minuten nach der Ankunft wurden wir schon über das Freiheitsbestreben so mancher BadenserInnen in Rastatt aufgeklärt. Eine dunkle Kneipe der alten Tage ließ erahnen, wie die Köpfe beim gemeinsamen Pläne schmieden geraucht haben müssen. Und so verging kein Tag, an dem wir nicht mit den Freiheitsideen von 1789 bis 1849 konfrontiert wurden.
Mit dem Rad wurden verheißungsvolle Plätze besucht. Historiker und Aktivistinnen klärten über die Vergangenheit auf. Die Route führte uns auch ins Elsass. Im malerischen Wissembourg wurde uns von der Kulturführerin Inge Hoffmann-Vaz die wechselvolle Geschichte der ElsässerInnen nahe gebracht.
Weiter ging es an der Lauter, dann nach Elmstein ins dortige Naturfreundehaus. Und abermals sind es engagierte BürgerInnen, die das Erbe bewahren: Ein Waldmuseum und eine wieder aktivierte Schmiede zeugen vom früheren pulsierenden Leben. Heute liegt die Gegend fast im Dornröschenschlaf. Die Jugend zieht es in die Städte, da es vor Ort kaum Arbeitsplätze gibt.
Man könnte mit der revolutionären Vergangenheit TouristenInnen anlocken. Gepaart mit Führungen der alten Handwerkstradition ließe sich ein weiteres Highlight etablieren. Dafür braucht es weitere engagierte BürgerInnen aus der Region. Die Politischen Radreisen von Thomas Handrich zielen in diese Richtung.
Renate

Im Rückblick fand ich besonders gelungen, die lokalen Geschichtsexperten, die du an fast allen Orten herangezogen hattest. Das hat der Fahrt viel Authentizität gegeben und du musstest nicht immer die „Lehrerrolle“ spielen.
Besonders beeindruckt war ich vom Waldmuseum in Elmstein, in dem ich nicht nur von der Einfassung der Pfälzer Bäche durch die Bayern zum Flößen gelernt hatte, sondern auch von den früher vorhandenen kultivierten Terrassen an den Talhängen, die heute alle bis zum Talgrund bewaldet sind und dadurch natürlich das Landschaftsbild stark verändert wurde. Ich kannte solche Prozesse bisher nur aus den Alpen, wenn die Viehwirtschaft auf den Alpen eingestellt wird, und nicht aus der nächsten Umgebung.
Großartig natürlich unsere kleine Rast auf dem Taubensuhl!
Ulrich

Radreisen mit Thomas – Balsam für Körper und Geist: es wird viel mehr als nur gemeinsam geradelt und über Geschichte referiert und gesprochen. Trotz hoher Diskrepanzen der verschiedenen Charaktere und Einstellungen, gelang es der Gruppe, den jeweils anderen mit seiner Meinung stehen zu lassen; Thomas und Christine hatten die Leitung in allen Facetten gewohnt gut und mit der nötigen Gelassenheit im Griff! Ich fühle mich nach so einer Woche einfach nur geerdet, es ist eine Zeit, in der wir uns nicht nur auf unsere Geschichte und Herkunft, sondern auch wieder auf uns selbst und die wirklich wichtigen Dinge im Leben besinnen; ich kann jedem eine solche „Auszeit“ mit Thomas nur empfehlen!!
Conny

Die politische Radreise durch die Pfalz war ein tolles Erlebnis, das wunderbare Landschaften mit interessanter Geschichte vor Ort verbunden hat. Die Reise ließ ebenso Raum für individuelle Eindrücke und Erfahrungen wie für Diskussionen in der Gruppe, in denen die historischen Ereignisse auch auf die Lehren für die Gegenwart reflektiert werden konnten. Es war eine wirklich tolle Woche!
Anne