Im Rahmen der Pfalzreise 2012 führte der Teilnehmer Oliver an 6 Tagen 6 Interviews mit Teilnehmer der Reise, die wir hier zusammengefasst wiedergeben.
Auf eine Zigarette mit Christoph
Das Interview mit Christoph sollte den Auftakt bilden zu der Interview-Reihe. Am 24.9.2012 standen wir in Bad Bergzabern etwas Abseits der Gruppe und Christoph mir Rede und Antwort:
Oliver: Wir haben jetzt einmal ein Bildungsprogramm und auch das Radprogramm gehabt. Wenn es nach Dir ginge: Was sollte in den nächsten Tagen verstärkt betrieben werden.
Christoph: Das Radprogramm.
Oliver: Hast Du Dir ein bestimmtes sportliches Ziel gesetzt. Einen bestimmten Stundenschnitt oder eine bestimmte Distanz?
Christoph: Ich möchte eine Bergetappe fahren. Die Letzte.
Oliver: Was erwartest Du von den nächsten Tagen?
Christoph: Hoffentlich gutes Wetter, dass ich mal so ein bisschen ins Radrollen hineinkomme und ansonsten kann es so weiter gehen wie bisher.
Oliver: Wenn das Wetter nicht besser wird, machst Du Dir da Sorgen?
Christoph: Überhaupt nicht. Da weiß ich, dass dann etwas Kreatives eingeschoben wird.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?
Christoph: Die letzten Meter zum Gipfel des Totenkopf, das war mein persönlicher Achttausender. Das heißt, ich musste alle meine Energie aufwenden um mein persönliches Ziel zu erreichen. Und natürlich der Einsatz an Axt und Säge vor dem Grillen am letzten Abend, der Sieg in letzter Sekunde am Kickertisch gegen Bochum und nicht zu vergessen der Moment, als Schreiberling Oliver und Wattenscheid-Fan Werner bei der Abfahrt vom Johanniskreuz an mir vorbei rasten mit Glückshormonen im Gesicht und dem Ausruf: “Mann ist das geil!”
Auf eine Rieslingschorle mit Ronald
Nachdem wir aus Bad Bergazabern zurückgekehrt waren, trafen wir uns bei Traudel und Fritz, einer Straußwirtschaft in Rhodt, die sehr zu empfehlen ist. Bei Wein und Saumagen folgte das zweite Interview mit Ronald Pabst.
Oliver: Du bist heute die sportliche Etappe mitgefahren. Was war besonders schön an dieser Etappe?
Ronald: Die Höhenmeter. Die sportliche Etappe war ja für Bergradler – das Schöne an solchen Etappen ist der Ausblick, heute auf das Rheintal. Der war einfach toll und natürlich verdient.
Oliver: Würdest Du sagen, die Teilnahme an der Reise hat sich jetzt schon allein wegen dieser Tour gelohnt?
Ronald: Diese Reise lohnt sich vor allem, weil sie von Thomas Handrich organisiert wird. Wir sehen richtig viel, erleben die Kultur des Landes und gestern gab es eine sehr gute Veranstaltung über die Revolution in der Pfalz. Radrouten wie heute sind dann ein weiterer Bonus.
Oliver: Was erwartest Du noch von der Radreise?
Ronald: Von der Radreise erwarte ich auf jeden Fall, dass wir uns noch intensiv damit beschäftigen, was hier in der Pfalz bei der Revolution los war: In den Jahren um 1789 und 1848 war hier ja einer der Schwerpunkte.
Mich berührt das sehr, da ich seit 10 Jahren für den Verein “Mehr Demokratie” arbeite. Und genau an diesen Orten hier waren die ersten Leute, die sich in Deutschland für die Demokratie einsetzen. Sie hatten natürlich eine ganz andere Motivation als wir heute: die soziale Not war unglaublich groß. Und die Menschen damals haben ein großes Risiko gehabt. Wer sich da für die Demokratie engagiert hat und sein bürgerliches Leben verlassen hat, konnte vor einem Erschießungskommando landen. Das finde ich echt sehr, sehr mutig.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen sind drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Was hast Du von der Reise mitgenommen?
Ronald: Ein schweres Gepäck habe ich: Ich würde sehr gerne mit Thomas Handrich ine Reise für die Mitglieder unseres Vereins organisieren. Ich bin mir sicher, dass dies für unser Mitgliedern ein großartiges Angebot wäre – leider fehlt mir aber im Moment schlicht die Zeit, um diese Idee umzusetzen.
Aber auf jeden Fall habe ich einen Einblick in die Pfälzer Kultur bekommen – sowohl in die Geschichte, wie auch in das aktuelle Leben. Und außerdem macht es einfach Spaß, mit politischen Radreisenden auf Achse zu sein.
Auf ein Wort des Abschieds mit Rüdiger
Rüdiger und ich unterhielten uns für das dritte Interview am 25.9. nachdem wir das deftige Pfälzer Essen und den fast schon obligatorischen Schoppen zu uns genommen hatten. Der einzige Haken an dem Interview war, dass die Aufnahme nicht funktionierte. Am nächsten Morgen versuchten wir zwei es erneut.
Oliver: Was hältst Du von der Kombination Radreise und Bildungsurlaub?
Rüdiger: Ich finde das sehr gut, obwohl es eigentlich zwei Sachen sind, die man selten verbinden würde. Aber: Der Bildungsurlaub und die Vorträge waren für mich, der nicht in dem Thema nicht drin ist, doch recht anspruchsvoll und dann ist es sehr gut danach eine Zeit zu haben, in der man das verarbeiten kann. Und diese Zeit erhält man durch die Fahrradfahrt, die dann doch relativ lange dauert und während der man mit den Gedanken abschweift aber im Hintergrund doch – meine ich – die Themen für sich verarbeiten kann. Was mir noch einfällt ist, dass man durch das Fahrradfahren ein bisschen die Geschwindigkeit und die Entfernung erleben kann, die damals hier herrschten. Die man heute mit dem Auto nicht mehr erlebt, weil man innerhalb von zehn Minuten von dem einen Ort in den anderen fährt und sich gar nicht vorstellen kann, wie lange die Menschen damals gebraucht haben, auch um ihre Aktionen zu machen. Man hat vielleicht auch ein bisschen das Gefühl, wenn man im dem Funkloch der Telekom ist, wie schwierig die Kommunikation damals gewesen sein könnte. Vielleicht auch wie abhängig von Gerüchten und wie zufällig doch manche Handlungen dann aufgrund von – aus heutiger Sicht – mangelnder Information ausgetragen wurden.
Oliver: Was nimmst Du von der Reise mit nach Hause?
Rüdiger: Ich denke, dass diese Reise für mich in Erinnerung bleiben wird auch wegen der Radfahrt. Das ist eine Besonderheit dieses Urlaubs. Mehr fällt mir im Moment nicht ein.
Oliver: Wir hatten jetzt leichte Probleme mit dem Wetter. Hat Dich das negativ beeinflusst?
Rüdiger: Nein überhaupt nicht. Das ist etwas, das viele Nicht-Radfahrer überschätzen. Ein kleiner Regen zwischendurch ist nichts, was einen Fahrradfahrer wirklich abhalten kann. Es gibt immer die Möglichkeit sich irgendwo unterzustellen und abzuwarten, bis der Regen vorbei ist. Ich fahre auch lieber Fahrrad bei bewölktem Himmel als bei prallem Sonnenschein. Das ist weniger anstrengend. Ich wusste natürlich, dass es im September regnen kann und schlimmer hätte ich es gefunden, wenn es richtig kalt geworden wäre. Im Urlaub muss man auch flexibel sein und als Radfahrer die Intervalle suchen, in denen man sich von einem Ort in den nächsten fortbewegen kann. Die Gefahr, dass man irgendwo völlig durchnässt, weil man vom Regen überrascht wird, besteht natürlich. Aber das passierte uns nicht und ich glaube, dass die Gefahr nicht wirklich groß ist, wenn man auf die Wettervorhersage achtet, wenn man den Himmel betrachtet und sieht, dass es bald Regen geben könnte, hat man gute Chancen trocken durchzukommen. Das schlechte Wetter war kein Grund die Radreise nicht zu machen.
Oliver: Wir hatten neben mittellangen Radtouren und dem Bildungsprogramm auch leckere Straußwirtschaften besucht. Meinst Du, Du hast mehr zugenommen oder abgenommen durch die Fahrt?
Rüdiger: Ich befürchte, dass ich ein bisschen zugenommen habe. Es gab ja mehrere Radlergruppen und ich gehöre mehr zu den gemütlichen Radlern. Aber für mich war es wichtig, da ich beruflich auch viel im Büro arbeite, mich überhaupt mal bewegt zu haben. Selbst wenn ich jetzt ein bisschen zugenommen haben sollte durch das gute Essen, hoffe ich doch, dass die Bewegung mir gut getan hat. Sie hat mir auf jeden Fall besser getan, als wenn ich die Fahrt in einem Reisebus unternommen hätte.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen sind fast drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Fällt Dir inzwischen ein oder auf, was du von der Reise mitgenommen hast?
Rüdiger: Es bleiben vor allem Bilder im Kopf, zur Landschaft, zu den flachen Weinbergen der Pfalz, der Angst vor dem nächsten Berg, von Wein, Wurst und Gesang in der Besenwirtschaft (merkwürdigerweise hinterlässt die Erinnerung an den Saumagen noch heute ein gewisses Sättigungsgefühl). Aber auch das Archiv in Wissembourg, die Gesprächsrunde im Hotel, die Diskussionen, sind hängengeblieben. Und dann war da noch die rauschende Stille der Pfälzer Waldes, die nur erfährt, wer auf dem Rad unterwegs ist und dank der Navigationssoftware des iPhones in die Irre geführt wird, bis ihn ein Funkloch fast verschluckt hätte.
Auf ein Wort mit Jochen
Am 27.9. fielen die Interviews aus. Zum einen wurde hart in einen Geburtstag hineingefeiert und zum anderen verlangte der bewegte Tag am Abend seinen Tribut. So gab es am letzten Abend der Tour gleich drei Gespräche. Den Auftakt bildete das Gespräch mit Jochen.
Oliver: Du warst beim “Hambacher Fest” dabei und hast die Diskussion um das vermeintliche Ende des Parlamenteriasmus mitbekommen. Was hat Dich dazu bewegt die Veranstaltung zu besuchen und wie fandest Du die Veranstaltung?
Jochen: Was mich bewogen hat, die Veranstaltung mitzunehmen, war zum einen ein bisschen Gruppendruck. Ich hab mich der Gruppe angeschlossen, die oben blieb und gut wars. Und ich war auch ein bisschen neugierig, was sich dort für ein Publikum versammelt und anschließend gab es auch noch Wein. Das fand ich dann alles öde. Die haben sich dann … aber das ist ja egal.
Wie ich die Veranstaltung fand?! Es war eigentlich ein allgemeines Geblubber. Der Moderator gefiel sich in seiner Rolle, ein bisschen zu piesacken und das hat er auch ganz gut gemacht. Es ging in der Podiumsdiskussion ja um das Zitat von Angela Merkel von der marktkonformen Demokratie. Die Frage nach demokratischen Bewegungen blieb außen vor. Es ging um Finanzgeschichten. Der Banker hat den Buhmann spielen müssen. Auf den haben sie alle rhetorisch eingeprügelt und es ist nicht zu einer eigentlichen Demokratie-Debatte gekommen.
Oliver: Wir hatten uns ja in den Tagen vor der Veranstaltung mit dem Thema Demokratie beschäftigt. Hast Du irgendwelche Anknüpfungspunkte gesehen oder war die Veranstaltung völlig jenseits dessen, was wir in den Tagen zuvor diskutiert haben?
Jochen: Ach das war abgehoben. Das bezog sich auf das, was wir haben. Auf die parlamentarische Demokratie und es ging um die Frage, ob die parlamentarischen Politiker überhaupt noch eine Chance haben gegenüber dem Finanzwesen oder nicht. So auf dieser Ebene bewegte sich das. Mitbürgerbeteiligung kam gar nicht vor. Es war ein SPD-Mensch da, der natürlich das sagte, was man von SPD-Menschen erwarten kann. Mit den anwesenden Gästen, die sich das angehört haben und auf den Wein freuten, hat es vielleicht was zu tun gehabt. Aber mit den Menschen, die schon ausgegrenzt sind, das ist ja mehr als ein drittel dieser Bevölkerung, hatte das nichts zu tun.
Oliver: Warst Du schonmal in der Pfalz?
Jochen: Nein.
Oliver: Dann hast Du die Pfalz ja jetzt kennengelernt. Hast Du sie schätzen gelernt? Hast Du sie lieben gelernt? Oder war es eher ein Besuch unter dem Motto: Okay, hab ich gesehen und jetzt kann ich ja weg.
Jochen: Also die Pfalz ist schon eine spannende Gegend. Ich hatte da bisher überhaupt keine Vorstellungen. Kann gut sein, dass ich hier auch einmal einen Erholungsurlaub mache. Ich fand es ganz schön hier.
Ob ich die Pfalz kennen oder lieben gelernt habe? Mit solchen emotional behafteten Begriffen kann ich nichts anfangen. Ich finde es angenehm hier und für das Fahrradfahren recht anspruchsvoll.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen sind fast drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Welche Emotionen haften aus Deiner Sicht an der Pfalzreise?
Jochen: Siehe die Antwort auf die Frage davor. Zudem: Es war eine schöne Atmosphäre in der Gruppe. Dafür war der Thomas verantwortlich, der fast allen aus unterschiedlichen persönlichen Zusammenhängen bekannt ist. Wir (Werner und ich) kennen den Thomas von 2 Fahrrad-Bildungsurlauben und freuten uns aufs Wiedersehen und neue Herausforderungen. Nur muß ich nun feststellen, daß meine Kondition zum Fahrrad fahren in der Pfalz doch etwas überfordert war.
Ich denke, daß auch meine online gestellte Fotoreihe von der Pfalzreise einen Eindruck davon vermittelt, wie ich das erlebt habe.
Auf ein Aha-Erlebnis mit Werner
Aufgrund der Eingangsfrage könnte man meinen, dass das Interview mit Werner das Gegenstück zum vorhergehenden Interview mit Jochen darstellt. Aber, wie bei den anderen Gespräche auch, trat hier eine ganz eigene Dynamik zu Tage.
Oliver: Als wir auf dem Hambacher Schloss waren, hast Du die Podiumsdiskussion zum Ende des Parlamentarismus nicht besucht. Was hat dafür den Ausschlag gegeben?
Werner: Um es ganz kurz und klar zu sagen: Die Rückreise im Dunkeln durch den Wald und mit dem Fahrrad, da war ich mir ein bisschen unsicher. Wäre die Veranstaltung tagsüber gewesen, hätte ich sie vielleicht mitgemacht.
Oliver: Wir haben einige Tage auf den Spuren der Revolution und der Demokratiebewegung hinter uns. Was ist bei Dir hängen geblieben?
Werner: Ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, dass sich in unserer sogennanten Demokratie häufig die Interessen des Kapitals durchgesetzt haben und eben nicht die Interessen der Mehrheit. Oft wurden die Parlamentarier erpresst: Entweder ihr lockert den Naturschutz oder senkt die Unternehmersteuern oder lockert Kündigungsschutzgesetze und erlaubt Leiharbeit oder die Arbeitsplätze sind in Gefahr.
Im Mittelpunkt steht der Profit des Kapitals und eben nicht die Menschen. Heute kommt noch dazu,dass Bürger und Kommunen bluten müssen für die Banken und die Rettungsschirme. Die Ausgaben für die Menschen sollen drastisch gekürzt. Man könnte es sich aber auch von den Reichen und Vermögenden holen.
So,wie es damals durch die Rebellion in der Pfalz geschehen ist. Die Menschen waren es leid, hohe Abgaben zu zahlen und keine Mispracherechte zu haben. Deshalb haben sie alles riskiert, um die freie Republik zu erkämpfen. So eine Reaktion wäre heute auch notwendig. Weg mit den Banken und den Zockern und den kapitalistischen Ausbeutungspraktiken. Wir müssen etwas ganz Neues schaffen.
Oliver: Hast Du aus dem, was damals war Inspiration herausgezogen?
Werner: Ich sehe immer wieder diese Freiheitsbäume und die Beschwerdebriefe und vergleiche das mit den Möglichkeiten, die wir heute haben. Attac oder die Occupy-Bewegung. Das sind ja relativ neue Erhebungen. Erhebungen von Empörungen und Widerstand und ich denke, in diese Richtung müssen wir immer neu überlegen: Welche Möglichkeit haben wir da.
Campact… oder wie die Gruppierungen alle heißen. Ich hab da nicht den goldenen Weg, aber ich bin sehr interessiert daran, irgendwo mitzumachen und vielleicht irgendeine Bewegung mit zu unterstützen oder weiterzuentwickeln.
Oliver: Was war Deine Neugier und Deine Frage, um bei dieser Reise mitzumachen?
Werner: Der erste Anstoß ist natürlich von Thomas gekommen, den wir von zwei anderen Radreisen kennen und wir wissen, wie lebendig er die Radreisen gestaltet. Von daher hatten wir schon eine große Neugier. Und dann – das war mir bis dahin gar nicht so klar – was hier in der Pfalz tatsächlich abgelaufen ist. Das hat meine Neugierde geweckt. Da wollte ich einfach mehr darüber wissen. Die Revolution von 1848 war mir ein Begriff, aber was sich vorher schon hier abgespielt hat, war mir gar nicht so bewusst. Da war die Neugierde schon sehr stark, zu wissen: Was ist damals passiert?
Oliver: Wurde Deine Neugierde befriedigt?
Werner: Sie hat sich durch die Reise noch gesteigert. Ich lese z. Zt. die Bücher von Helmut G. Haasis und finde sie sehr spannend. Ich weiss, dass Thomas seine Reisen immer sehr anschaulich gestaltet und wir hatten viele schöne Erlebnisse.
Gut gefallen hat mir der Besuch des Hambacher Schlosses, obwohl ich über den mühsamen Aufstieg geflucht habe. Auch die Original-Protokoll-Bücher der Rebellen in der Hand zu halten war für mich sehr berührend. Sehr tröstend fand ich, dass Rebellion und Feiern damals gut zusammen passte. Auch mit dem Rad die Original-Schauplätze aufzusuchen war sehr erhebend.
Als wir am letzten Tag am Denkmal für die gefallenen Freiheitskämpfer standen, war es mir ein Bedürfnis, mich vor Ihnen zu verbeugen. Wir können viel von Ihnen lernen.
Jetzt im Alter fällt es mir manchmal schwer, langen Reden zuzuhören. Wenn es so etwas gäbe, würde ich auch mal Filme, Bilder oder Hörbücher über diese Zeit sehen und hören.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen sind drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Was wurde aus der gesteigerten Neugier?
Werner: Da ich seit kurzem Rentner bin, kann ich jetzt bei vielen Demos mitmachen. Ich unterstütze campact und mische mich in die Kommunalpolitik meines Wohnortes ein. Insgeheim warte ich aber auf eine grössere Bewegung, der ich mich anschließen kann.
Auf ein Finale mit Theo
Mit Theo führte ich am 28.9 das letzte Interview der Reise.
Oliver: Ich hätte gerne gewusst: Wir kennen aus der Geschichtsschreibung das Datum des Hambacher Festes und das Ereignis. Die sogenannte Wiege der Demokratie, die sich am Hambacher Schloss befindet. Wir haben uns in den letzten Tagen mit der Zeit beschäftigt, die dazu führte. Was sollte man den Leuten mitgeben, die bislang nur das Hambacher Fest gekannt haben?
Theo: Man muss schauen, wie breit die Bewegung war, aber auch sehen, auf wie wenigen Füßen sie stand. Zunächst war es ja ein sehr hoffnungsvoller Anfang, der aber schließlich und letztlich scheiterte. Man muss heute schauen, warum.
Oliver: Siehst Du dieses Kapitel in sich geschlossen oder siehst Du noch irgendwelche Rote Fäden, die sich in die Gesellschaften oder in Regionen hineinspinnen?
Theo: Als sehr allgemeine Schlussfolgerung können wir direkt aus der damaligen Zeit nicht so viel lernen, weil heute doch die Bedingungen in ganz wesentlichen Dingen anders aussehen.
Oliver: Wohin soll Deiner Meinung nach die Auseinandersetzung mit dieser Geschichte führen? Ist das überhaupt nötig?
Theo: Man sollte schon wissen, woher man kommt und welche Bewegungen, gerade welche sozialen Bewegungen es gegeben hat. Aber wir sollten uns bezüglich des Lerneffekts nicht allzuviel erhoffen. Es ist mehr eine Geschichte um zu sehen, wie wir geworden sind, was wir sind. Aber wie der Weg dann weitergeht, den müssen wir dann selber finden.
Oliver: Welche Frage ist noch offen?
Theo: Offen ist unsere Zukunft. Wir müssen selber nachdenken und eigene Wege finden. Vielleicht kann man auch das daraus lernen. Denn im Grunde ist die Bewegung damals versandet und wir graben diese Spuren gerade erst wieder aus.
Oliver (nachgefragt nach der Reise): … inzwischen sind drei Monate vergangen. Viel ist seitdem passiert. Ich möchte gerne noch folgendes wissen: Wie ist dein Weg seit dem Ende der Reise verlaufen? Bist Du weiterhin auf Spurensuche?
Theo: Nach dem Ausflug in unsere lokale Geschichte habe ich mich wieder aktuellen Problemen zugewandt und zwar dem drohenden Kollaps unserer Ökonomie und vielleicht der westlichen Gesellschaft. Zum Thema Klimawandel, Verknappung von Rohstoffen einschließlich des Öls und der Refeudalisierung unserer Gesellschaft habe ich Vorträge in verschiedenen Städten gehalten.